Theologisch-Pädagogisches Institut (TPI) in Moritzburg

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Katholische Reform und Gegenreformation: (I) Einführung


5 Katholische Reform und Gegenreformation



Der Begriff „Gegenreformation“ bezeichnet allgemein die Bemühungen der römisch-katholischen Kirche um eine Zurückdrängung der Reformation im 16. und 17. Jh. Als einer der Höhepunkte dieser Bestrebungen gilt das Konzil von Trient (1545-1563). Vor allem neugegründete Ordensgemeinschaften – insbesondere Jesuiten und Ursulinen – trugen die Impulse erneuerter römisch-katholischer Frömmigkeit im geistlich-seelsorgerischen Bereich bis in die Gemeinden hinein. Im Fokus dieses Kapitels stehen dementsprechend die innerkatholische Diskussion um die Herausforderung durch die Reformation sowie die Krise der römisch-katholischen Kirche und (aus katholischer Sicht) „erfolgversprechende“ Lösungsansätze.

Inhaltliche Einführung



Der Begriff „Gegenreformation“ betont den Charakter der katholischen Bestrebungen als unmittelbare Reaktion auf die Reformation. Zugleich lässt sich das Bemühen der katholischen Kirche um innere Erneuerung in längerfristige Entwicklungs- und Diskussionsprozesse innerhalb der Institution einordnen: Die Literatur spricht von „katholischer Reform“. In dieser Perspektive erscheint die Gegenreformation als Teil der katholischen Reform. So wurden die Missstände, die die Reformatoren beklagten – von der Verweltlichung der Geistlichkeit bis zum Niedergang der Frömmigkeit – auch von katholischer Seite nicht geleugnet. Im Gegenteil drängten auch die Verantwortlichen in der katholischen Kirche auf Abstellung der Probleme. Die Reformation erschien so weniger als Grund für die Krise in der katholischen Kirche, sie war vielmehr eine besondere Zuspitzung dieser Krise.

Lösung versprach ein allgemeines Konzil: eine Versammlung von Vertretern der ganzen Kirche, um der Krise Herr zu werden. Insofern schreibt sich das Konzil von Trient ein in die Tradition des Konziliarismus, der seine Höhepunkte in den Konzilien von Konstanz und Basel in der ersten Hälfte des 15. Jh. gefunden hatte. Anhänger der zentralisierten Papstkirche fürchteten dagegen ein Konzil als zweites Machtzentrum innerhalb der Kirche neben (oder gar über) dem Papst (vgl. M1). Allein die Dauer des Tridentinums von 1545 bis 1563 mit zwei Unterbrechungen von sechs und zehn Jahren belegt die Schwierigkeiten, die unterschiedlichen Strömungen zusammen-zubringen. Im Ergebnis fasste das Konzil zwar wichtige Beschlüsse zur Kirchenreform, beauftragte aber den Papst mit deren Durchsetzung, was letztlich die Stärkung der Papstkirche bedeutete.

Das Konzil fand Antworten auf eine Reihe von Fragen in den Bereichen Theologie (z.B. die Bestätigung der traditionellen Sakramentenlehre), Seelsorge (z.B. Betonung der Predigtpflicht der Pfarrer) und Kirchenorganisation (z.B. sogenannte Residenzpflicht der Bischöfe). Diese Antworten entsprachen einerseits der katholischen Tradition, zugleich waren sie aber in Richtung der Reformation besonders scharf formuliert. Die von inner- und außerhalb der katholischen Kirche geforderte Kurienreform blieb allerdings aus. Das Papsttum verstärkte in der Folge die Impulse zur Vereinheitlichung und Disziplinierung innerhalb des Katholizismus, z.B. durch die Bestimmungen zum Messritus 1570.

In den Beschlüssen von Trient drückte sich die kompromisslose Haltung der römischen Papstkirche zur Reformation aus. Dem stand für die Zeitgenossen v.a. im deutschen Raum eine Perspektive des Ausgleichs gegenüber. Religiöse Toleranz mit der Aussicht auf einen echten Religionsfrieden wurde auch von katholischen Politikern gefordert, die nicht kirchlich-institutionell gebundenen waren (vgl. M2). Für sie ging es weniger um die Einheit der Kirche als um eine gewisse „Reichseinheit“ (um die anachronistischen Begriffe von staatlicher oder nationaler Einheit zu vermeiden. Abgesehen von den reformierten Strömungen muss man also für das Reich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von drei durchaus diskussionswürdigen und anerkannten Positionen ausgehen: Katholiken, Lutheraner und Verfechter eines Religionsfriedens. Aus heutiger Perspektive verschwindet die dritte Option hinter den Schrecken des – verkürzt als Religionskrieg verstandenen – 30jährigen Krieges, für die Zeitgenossen manifestierte sich diese Haltung dagegen etwa im Augsburger Religionsfrieden von 1555, der immerhin eine fast sechzigjährige Periode (relativen) Friedens im Reich einläutete.

Sicherlich wurden die Beschlüsse des Konzils von Trient in katholischen Herrschaften in unterschiedlicher Weise umgesetzt, die nachtridentinische römisch-katholische Kirche war also nicht der einheitliche Block, als den konservativ-katholische Kreise sie heutzutage gerne sehen möchten (vgl. M5). Nichtsdestotrotz verstärkte und bündelte das Konzil die Rekatholisierungsbestrebungen. Exemplarisch dafür steht in diesem Baustein der Jesuitenorden. Gegründet 1535 zur Erneuerung von Frömmigkeit und religiöser Erziehung (gewissermaßen als Teil der katholischen Reform) wurde er bald (und nicht zuletzt in der Folge des Tridentinums) zur „Speerspitze“ der Gegenreformation, v.a. im deutschen Raum. Die straff nach militärischem Vorbild strukturierte Organisation des Ordens und seine direkte Unterordnung unter den Papst begünstigten seine Arbeit: Gut ausgebildete Ordensbrüder gründeten in den Gemeinden Schulen, übernahmen seelsorgerische Aufgaben und reorganisierten das Gemeindeleben im katholischen Sinne, also mit besonderer Betonung der durch das Konzil bestätigten Rituale wie Hostien- oder Heiligenverehrung (vgl. M3). Neben der (aus katholischer Sicht) oft recht „erfolgreichen“ Arbeit des Ordens steht die beißende Kritik von protestantischer Seite: „Der Jesuit“ wurde ein beliebtes Motiv antikatholischer Spottbilder (vgl. M4).

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